Fällige Rückschau auf die Schüler der Vorreiter
Die Landesgalerie am Oberösterreichischen Landesmuseum blickt zurück und zeigt Josef Bauer, Gerhard Knogler und Fritz Lichtenauer
Mit ihnen zeigt das Haus wesentliche, heute kaum noch präsente Vertreter der österreichischen Avantgarde der "goldenen" Siebzigerjahre.
Linz - Lange bevor die Stadt Linz aktiv daran ging, ihr Image aufzumöbeln, sie den Stahlstadtgeruch mit jeweils neuester Elektronik und wolkig institutionalisierter Bruckner-Verehrung auszutreiben versuchte, ereignete sich dort Avantgarde. Wir schreiben die beginnenden 70er-Jahre, am Begriff für die Vorauseilenden wollte noch keiner Sollbruchstellen entdecken. Noch bestimmte der Geist der Pioniere das Geschehen. Kunst galt als untrennbar mit "Konzept" verbunden. Der Umgang mit Sprache konnte nur ein ausschließlich experimenteller sein. Heimrad Bäcker verlegte neue texte, zunächst als Zeitschrift, später als Edition.
Die näher liegenden Pioniere hießen Friedrich Achleitner, Heinz Gappmayr, Ernst Jandl oder Gerhard Rühm, von ferne prägten Donald Judd, Joseph Kosuth oder Robert Morris die nächste Generation. Und wohl auch Herbert Bayer, der große Sohn Haags am Hausruck, der von Santa Barbara aus strahlte. Und dann galt es noch - wie für jeden anderen Österreicher auch, der raumgreifend zu arbeiten gedachte - die strenge Schule Wotruba mitsamt der Apostel Bertoni und Pillhofer hinsichtlich Überwindung aufzuarbeiten.
Worin - in Kenntnis beider Lager - sich Helmut Gsöll pointner sowohl als Lehrer an der Linzer Hochschule, als auch als Pionier in Sachen "moderner" Kunst-Vermittlung, -Präsentation, und -Vermarktung als zentrale Figur erwies. Seine gemeinsam mit Peter Baum konzipierte Schau Forum Metall von 1977 steht zentral am Beginn einer Entwicklung von Linz hin zur Kulturhauptstadt 2009.
Josef Bauer (geb. 1934), Gerhard Knogler (geb. 1943) und Fritz Lichtenauer (geb. 1946) werden nun, beispielhaft für die entsprechend zeitgemäßen Jungen jener Tage in der Landesgalerie am ÖO.Landesmuseum, einer Sichtung aus der zeitlichen Distanz unterzogen. Und überzeugen. Haben jeweils eigene Wege gefunden, die vorschnell zugeteilte Schublade für "Konkrete Poeten" zu fliehen, ohne gleich in die darunter offene für ausschließlich "Visuelle-Poeten" zu purzeln. Auch wenn sie allesamt die Buchstaben lange nicht losließen.
Gerhard Knogler hielt sie 1972 auf einer gelochten Hartfaserplatte Werkzeugen gleich auf Haken griffbereit. Josef Bauer platzierte sie ebenfalls 1972 als Text im Raum: Ein "R"und ein "K" standen dabei zur durchaus freien Verwendung, andere fanden sich stellvertretend für einen fehlenden Gegenstand zu einem Wort zusammen, repräsentierten den "Sessel" bei Tisch oder das abwesende Messer rechts neben einem konkreten Löffel und dem Bild einer Gabel. Bei Fritz Lichtenauer fanden die Lettern dialektbildend als "ogga" oder "boch" zueinander oder bildeten, ins Unendliche flüchtend, Sprachkörper aus. Josef Bauer erprobte, was denn das Aufeinandertreffen einer Frau, eines Stuhls, eines Baumes und eines großen "Ks" bewirken würde, oder aber er nahm die buch-Staben beim Wort und zog mit Lettern am Spieß als Prozession über die Berge.
Bauer war es auch, der mit Taktilen Objekten zum Gebrauch am Körper eine - zeitbedingt recht ernste - Vorahnung von Franz Wests Passstücken formulierte, oder der fotografischen Ansicht von Linz/Urfahr mit einem getrockneten Patzen expressiv angewandter Ölfarbe seine Signatur als Maler aufdrückte.
Der Katalog zur Ausstellung ist Heimrad Bäcker gewidmet. Er hat als einer der ersten die Arbeiten der drei gefördert und publiziert. (DER STANDARD, Printausgabe, 08./09.01.2005)
Von
Markus Mittringer
"Avantgarden"
Ausstellung bis 16.Jänner
Josef Bauers Landschaftsmalerei. Oder: Wie man Urfahr sehen und gleichzeitig die Malerei kommentieren kann.
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